Vielleicht hast du schon mal erlebt, dass eine Yogastunde, besonders wenn sie recht langsam fließt, einem ziemlich lang vorkommen kann, manchmal auch ziemlich kurz.
Spätestens in der Endentspannung oder Meditation bemerkst du eine gewisse Unruhe auf körperlicher Ebene (es fällt schwer, ihn wirklich ruhig liegen zu lassen – die Nase juckt, der Körper will einfach nicht still sein…), auf emotionaler Ebene (irgendwie ein Unruhegefühl) und auf intellektueller Ebene (Gedanken und Ideen drängen sich auf, während man „zur Ruhe“ kommen möchte).
Ich denke nicht, dass uns die ruhigeren Übungen des Yoga unruhig machen, sondern dass wir in der Ruhe unseren „normalen“ Zustand erfahren: Wir begegnen unserer Unruhe, die uns unbewusst durch den Alltag treibt. Diesem Zustand entfliehen wir oft durch sehr intensive Erlebnisse/Reize (Tanzen, Sport, konzentriertes Lesen, Rausch, Sexualität…) und wir bemerken, wie danach dieses Hintergrundrauschen sich langsam wieder einschleicht: Gefühle und Gedanken treiben uns von hier nach da, ins Gestern und ins Morgen und wir haben das Gefühl, nicht in die „Stille“, ins „Hier und Jetzt“ zu kommen und bemühen uns um die nächste „Pause“ davon. Dieser Kreislauf kostet viel Energie und nicht wenige von uns bemerken das.
Unser Herz schlägt, unsere Lunge atmet, unser Gehirn denkt. Im Yoga wollen wir weder das Herz, noch unsere Lunge noch unser Gehirn ausschalten. Das Einzige, was wir zunächst üben, ist unsere Aufmerksamkeit direkt dorthin oder von dort weg zu lenken – wir entscheiden uns für die besondere Wahrnehmung der Gedanken oder dagegen, indem wir sie einfach sein lassen, so wie sie sind – sie gehören eben auch zum „Hier und Jetzt“. Aber wir können uns entscheiden, sie mit Energie und Aufmerksamkeit zu nähren, oder nicht, uns mit ihnen zu identifizieren, oder nicht, die Gedanken zu denken oder in der Rolle der Beobachtern / des Beobachters einfach nicht-wertend wahrzunehmen. Manchmal grummelt der Magen – manchmal grummelt das Hirn, mehr nicht.
Und schon bald werden wir nicht mehr so sehr an unseren Gedankenaktivitäten hängen, so wie wir auch unsere Magenaktivität (oder Herz oder Lunge…)zumeist nicht besonders beachten müssen: In diesem Zustand kannst du bewusst deinen Intellekt benutzen oder ihn auch mal ruhen lassen.
Es ist nicht möglich, die Wellen des Ozeans zu stoppen und es wäre töricht, das zu probieren. Aber du kannst lernen, auf diesen Wellen zu reiten oder eine Zeit lang zu tauchen oder dich genüsslich treiben lassen.
frei nach John Kabat-Zinn