reflection of finger in a mirror
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… dem eigenen Bild entgegenwachsen

Gert Scobel nutzt die Herausforderung des Russland-Ukraine-Kriegs zur gesellschaftlichen Selbstreflexion. Eine interessante Analyse der Situation im März 2022. In Krisen greifen wir Menschen reflexartig auf alte Verhaltensweisen zurück…

Ein Satz aus Scobels Beitrag hat mich nicht losgelassen:

„Geist ist die Fähigkeit, einem Bild, das wir uns von uns und dem Leben selbst machen, zu folgen.“ (Markus Gabriel). Oder so: Wir Menschen erzählen uns Geschichten über uns selbst, denen wir folgen. Das ist für uns Yogis wirklich interessant!

DAS Ziel im Yoga – mit seinen körperlichen und mentalen Tools und Tipps – ist es, den „Geist zur Ruhe kommen zu lassen“ (Patanjali). Die „Fähigkeiten“, wie der Philosoph Markus Gabriel sie nennt, sollen im Yoga“ schlicht zur Ruhe kommen und schweigen: Keine Bilder…

Im yogischen Kontext sehen wir keine Identifikation mit dem, was unser „Geist“ uns vorspielt. „Moksha“ heißt „Befreiung“ von eben diesen eigenen Zuschreibungen, Befreiung von den Geschichten und Bildern, die eine Identität suggerieren. Wie frei wären wir, wenn wir unseren Bildern nicht mehr glauben und ihnen nicht mehr folgen würden? Wie frei wären wir, wenn wir unsere Identität auflösen und unseren Konditionen entwachsen würden? Geschlecht, Nationalität, Familie, Mensch oder Tier… das wäre irgendwie nicht mehr so bedeutsam. Herausfordernde Fragen in unseren Zeiten: Menschen suchen mehr denn je nach Identität. Wer hält es aus, keine definierte Identität zu haben und frei zu leben?

Und bis wir diese Freiheit von Identität erreicht haben arbeiten wir im Yoga mit vielen verbindenden Mantras und malen weite Bilder von uns selbst (da hat Markus Gabriel Recht – das ist eine Fähigkeit!). Wir übersteigen unsere „identitäre“ Enge, in dem wir bestimmte Worte singend oder rezitierend wiederholen: „Ich bin reines Bewusstsein, Liebe, Güte, OM, Shanti, Sat chit ananda, Soham, Sat nam, ich überschreite meine Grenzen und komme in die Verbindung (Yoga bedeutet Einheit)“.

Und wir rezitieren und singen so lange, bis wir das verstanden haben. Und danach singen wir, weil es einfach schön ist…