Als Student erklärte mir meine Gesangslehrerin, dass das Leben genau genommen ein Kampf sei – man arbeite und kämpfe sich (gegen was auch immer) durch und einer meiner Orgellehrer bedauerte die Existenz von Emotionen („Ach, wenn es die Emotionen nicht gäbe, könnten wir viel besser Orgel spielen und funktionieren“). Und schon damals fühlte ich, dass man seine Lebenszeit auch anders denken und bewerten kann – ich war mitleidig berührt. Ich war aber weit davon entfernt, etwas Kluges dazu zu sagen. Mir blieb nur das sprachlose Gefühl und es sagte in mir: „Nö!“.
Heute würde ich sagen: „Ja, es gibt Teile im Leben, die mit Kampf zu tun haben können – z.B. der Beruf. Der Beruf (oder auch die Arbeitslosigkeit) ist aber nicht das Leben. Das Leben an sich ist erst einmal ein gnadenvolles Geschenk und wir sollten die vielen Aspekte nicht in einen Topf werfen. Und ja, Emotionen erscheinen manchmal hinderlich und doch: Was währen wir ohne unsere Gefühle und wie können wir sie nutzen?“ Leben in Form von Köper, Gefühlen und Gedanken ist ein unglaubliches Geschenk und Ereignis, trotz aller Einschränkungen.
In der yogischen Überlieferung gehören Denken und Fühlen zusammen: Gedanken erzeugen Gefühle und Gefühle erzeugen Gedanken. Ein Ziel des intellektuellen Jnana-Yoga ist die „richtige Unterscheidungskraft“, die letztlich zur Weisheit führt und hier geht es um die „Kraft der Gedanken“. Im Hatha-Yoga werden 5 Säulen benannt und geübt und das Thema „Denken“ kommt vor, ich durfte sie in meiner Ausbildung als die „5 Richtigen“ kennenlernen:
- richtige Ernährung
- richtige Bewegung
- richtiges Atmen
- richtiges Entspannen
- richtiges Meditieren & positives Denken
Stimmen in mir und um mich herum kommentieren „positives Denken“ etwa so: „Wer immer Positives sieht und danach lebt, verkennt die eigentliche Wahrheit. Die eigentliche Wahrheit ist negativ – dafür gibt es ja unzählige Beispiele. Eigentlich ist positives Denken eine Art der Verdrängung und Audruck der Dummheit. Positiv Denkende mögen ein glückliches Leben führen, aber sie können die Probleme der Welt weder sehen noch lösen. Sie schauen durch eine rosa-rote Brille.“
Kennst du diese Vorbehalte? In der Liedzeile von Robert Schubert „Ihr lacht wohl über den Träumer, der Blumen im Winter sah…“ ist das auf den Punkt gebracht: Positiv denken heißt, „Blumen im Winter zu sehen“ und ja: Wer einige Winter (Lebensjahre) hinter sich gebracht hat weiß, dass das so ist – die Blumen werden wachsen. Nicht morgen aber bald. Viel Spaß mit der Liedinterpretation von Jonas Kaufmann: „Ich träumte von bunten Blumen“.
Drei positive Gedanken, die die unten verlinkten Youtube-Videos vorbereiten:
- Problemorientierung versus Lösungsorientierung: Der Beginn unserer abendländlichen Psychologie hat sich mit der Beschreibung von Problemen/Anomalien und möglichen Auswegen (Therapien) beschäftigt mit wertvollen Einsichten. Martin Seligman hat die „positive Psychologie“ begründet: Lasst uns die Menschen befragen, die sich als glücklich bezeichnen und von ihnen lernen – und diese Betrachtung ergänzt das alte Bild: Pädagogen und Psychologen haben seitdem die Wahl, sich am Positiven und an den Ressourcen der Menschen zu orientieren oder die Liste der Defizite weiter zu beschreiben und zu therapieren. Beide Fähigkeiten wünsche ich mir auch von unseren Politiker:Innen: Ordnet die Probleme euren Visionen unter…
- Gedanken haben eine messbare Wirkung: Bahnbrechend finde ich die Behauptung, dass unsere (selbst gewählten) Gedanken unser Hirn formen. Und unser Hirn formt unser Erleben, unseren gesundheitlichen Zustand und unsere Handlungsmuster. „Placebo“ ist keine Illusion oder ein Selbstbetrug, sondern eine messbare und nutzbare Ressource.