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Die Gnade der Emotionen

Wir alle kennen viele segensreiche Erkenntnisse der Psychologie zum Thema Gefühl – Gedanken – Tat. Aus einem Gefühl entstehen Gedanken und es folgen Taten. Menschen, die auf der Suche sind nach alternativen Reaktionsmustern auf bestimmte Situationen, finden hier tolle Begleitung. (Mal privat: Wer sucht denn nicht nach „alternativen Mustern“ für bestimmte Situationen?)

Ishanath spricht hier sehr eindrücklich in der Sprache der Yogis über dieses Thema: Du „bist“ nicht deine Gefühle, sondern du „hast“ sie. Und sie möchten dir etwas mitteilen.

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Spiritualität – Wahrnehmen der Lücken im Netz der Erkenntnis

Es gibt das Yoga der Hingabe (Bhakti), das Yoga des Körpers (Hatha, Kundalini), das Yoga des Klanges (Nada), das Yoga des selbstlosen Dienens (Karma)… und das Yoga des Verstandes (Jnana). Wege zur Gesundheit und zum Wohlsein gehören zu jedem Yogaweg, der in Richtung Selbstverwirklichung führt (dazu später mehr). Über Worte und Konzepte nachzudenken, ist der Bereich des Jnana-Yogas für diejenigen, deren Geist unruhig nach Antworten sucht und „kognitive Dissonanzen“ zu überwinden sucht.

In diesem Sinne: Was ist Spiritualität?

Vorweg: Spiritualität heißt nicht, einer Religion, Tradition oder einer allgemeinen oder eigenen Phantasie zu folgen, die Ideen und Geschichten pflegt über die Dinge, die wir nicht wissen (Glaubenssysteme). Spiritualität ist auch unabhänigig von Kleidung, Accessoirs, Sprachduktus, Räucherwerk oder Musik. Sich in diesen Systemen zu bewegen und sich evtl. wohlzufühlen ist fein, aber nicht der Kern von Spiritualität. Traditionen, Psychologien und Philosophien sind aber oft gute Wegweiser – man studiert sie und geht dann weiter…

Spiritualität heißt, seine Aufmerksamkeit zu richten auf das, was jenseits des Physischen liegt. Unsere Sinne bringen uns in Kontakt mit der Welt um uns, unser Wissen und Denken ist erlernt und unser Fühlen ist eine Folge daraus. All diese Eindrücke (Samskaras) bestimmen unser Fühlen, Denken und Handeln in dieser Welt (Ego, Ich, Identität). Es liegt nahe zu sehen, dass die Natur dieser Eindrücke sehr begrenzt und kulturell/historisch bedingt ist. Aus dem anfänglich groben Wissen, Denken und Fühlen ist im Laufe der Menschheitsgeschichte ein sehr feines und engmaschiges Netz entstanden. Ich verstehe das aktuell moderne Verlangen von Mitmenschen, sich auf das anfängliche und grobe Wissen zu besinnen („back to the roots“), doch das Wesen eines Netzes – wie weit oder eng auch immer – besteht in dessen Lücken. Auf einen „Rest des Messbaren“ weist die Unschärfetheorie von Werner Heisenberg hin, den wir auch einfach im Bereich der Philosophie übernehmen dürfen: Es gibt Lücken.

Und diese Lücken könnten wir den Bereich der Spiritualität nennen. Wir füllen sie nicht mit Spekulationen, auftauchenden Phantasien oder tradierten Geschichten, sondern richten einfach unsere Aufmerksamkeit darauf. Diese Lücken scheinen gefüllt zu sein mit Zufällen, Chaos, Kreativität, Potential, Unvorhersehbarem und mit dem Phänomen des Lebens selbst – interessant, dass die Fragen „Was ist Leben überhaupt?“, „Wie funktioniert Leben?“ und „Was ist Bewusstsein?“ zumindest meines Wissens nach nicht beantwortet sind. In den Lücken unseres Netzes der Erkenntnis finden sich die größten Geheimnisse, die evident und sichtbar um uns herum gegenwärtig sind: Eine schöpferische Intelligenz, eine Energie, die Dasein, Leben und Bewusstsein ermöglicht. „Wer Augen hat zu sehen, der sehe…“ – wir sehen das überall – auf der Straße, im Garten, im Wald, in unseren Mitmenschen, in unseren Kindern, im Armeisenhaufen, im Nachthimmel… überall.

Das Bedeutet Spiritualität: Eine verbindende Aufmerksamkeit auf das, was unser Geist auch mit technischer Hilfe nicht messen, fassen und interpretieren kann und ein Lossagen von vorgeschlagenen Lösungen und Geschichten – es tut weh, wenn Menschen sich fest machen in mehr oder weniger dogmatischen Gemeinschaften oder Glaubensgebäuden und sich darin verhäddern. Spiritualität drängt in die Weite, atmet Freiheit und weiß, dass jetzt Geglaubtes morgen überwunden werden wird. Sie erkennt Grenzen als selbst erschaffene Konstrukte und ent-grenzt sie: Gewahrsein und Wachstum.

Oben wurde das Wort „Selbstverwirklichung“ als Ziel der Yogawege genannt: Natürlich gehen wir in der Frage des Überlebens mit dem Netz der Erkenntnis um, wir lernen das Material kennen und interessieren uns für die Knotenpunkte: Wie backe ich ein Brot und was muss ich wissen, um eine Rakete in den Weltraum fliegen zu lassen und wie war noch mein WLan-Passwort?…

Yoga lehrt aber, das auch einmal loszulassen und den mysteriösen (mystischen) Raum wahrzunehmen. Wenn wir das praktizieren, wird das in uns wachsen, was wir „menschlich“ oder manchmal auch „göttlich“ nennen: Wissen, Güte, Vertrauen, Energie, Liebe, Kreativität… Es wird sich von selbst in uns das realisieren, was in uns wunderbar angelegt ist ganz verschiedenen Ausdrucksformen und Blüten. Dazu ist es nicht nötig, Vorbildern zu folgen. Die Saat dazu liegt in jedem von uns – in jedem.

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Nada Brama – vom Klang zur Schöpfung

Yoga heißt „Einheit“, „Verbundenheit“.

Wenn wir „Einheit“ suchen, werden wir irgendwann Grenzen hinwegnehmen und auflösen: Eine Grenze schafft Zweiheit, viele Grenzen schaffen Vielheit. Grenzen auflösen schafft Verbundenheit und Einheit.

Während unsere Welt versucht, mit vielen Grenzen positiv klarzukommen (Pluralismus, Multikulti, Vielfalt, Toleranz…) erzeugen wir im Yoga keine Grenzen und Begrenzungen, die erschaffen wurden, um sie dann mühsam zu überwinden. Über körperliche und geistige Grenzen (Begrenzungen) hinweg, jenseits von Gattung, Art, Geschlecht, Geschichte, Sozialisation, Status oder Verdienst grüßen wir uns mit dem „Namasté“. Uns selbst, unsere Mitmenschen, Mitgeschöpfe und Natur… Ein bedeutender Schritt hinaus aus Personalität und Individualität – ein schwieriger Schritt für uns Menschen im Jahre 2021 im Framework unserer europäischen Kulturgeschichte.

Auf der einen Seite zementieren Menschen aktuell Grenzen und verteidigen sie radikal um ihr „Ich“ aufrecht zu erhalten, als ginge es Leben und Tod (mag sich wirklich so anfühlen). Auf der anderen Seite spüren Menschen, dass die Schubladen nicht passen – eine spannende Zeit. Ich wünsche uns, dass schon bald Nationalität, Geschlecht, Religion… keine Unterschiede mehr machen (die dann eben mühsam wieder bearbeitet werden). Ich höre auch die Menschen, die darin den Untergang einer „natürlichen Ordnung“ befürchten.

Unser Intellekt untersucht, unterscheidet, zerschneidet und begrenzt auf der Grundlage limitierter Informationen und schafft daraus ein Gefühl oder Konzept von Individualität und Identität – das ist nur eine Möglichkeit unserer Intelligenz.

Wir können uns auch verbinden mit einer nicht-diskriminierenden (unterscheidenden) Intelligenz, die die Grenzen unseres Intellekts, unserer begrenzten Informationen und unserer kleinen Identität hinwegfegt.

Diese Intelligenz ist der Ursprung der Schöpfung selbst. „“Am Anfang war das Wort…“, „Nada Brahma – alles ist Klang“ und Wissenschaftler sagen „alles ist Energie und Schwingung“. Das „Nada-Yoga“ ist ein ganz spannender Weg in diese Richtung.

Also kein „am Anfang gab es einen Knall“, sondern ein „von Beginn an bis jetzt gibt es eine Kraft/Schwingung“, die in dieser Zeit dieses hervorbringt.

Ich bin Sadhguru sehr dankbar für den Vortrag, der folgend verlinkt ist und mythologisch diese Zusammenhänge erzählt.

Zuvor noch ein Link zu Joachim-Enst Berendt; mit seinem „Nada Brahma“ meine erste Spur zu diesem Thema.

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Kathrin Wibbing, Inspirationen Energie, Inspirationen

Unser Atem – Neubeginn und Müllabfuhr


Atmung ist im Yoga ein essentieller Prozess: Als notwendiger körperlicher Vorgang, um Energie zu tanken und als Gegenstand der Konzentration und Meditation. Unter dem Begriff „Pranayama“ versammeln sich die vielen Übungen, die vor allem Atemübungen sind. Mehr von unserer Autorin Kathrin Wibbing findest du hier: https://w-in-flow.de/veroeffentlichungen/


Das Leben beginnt mit dem ersten Atemzug – ein Einatem. Nach der Geburt strömt zum ersten Mal
Luft in die Lunge und die Lungenbläschen füllen sich. Von diesem Moment an schenkt unser jeder
einzelne Atemzug Energie, die wir zum Leben benötigen – Lebensenergie bis zum letzten Atemzug;
wir beenden unser Leben mit einem Ausatem.
Dazwischen atmen wir täglich um die 20.000 Mal – viele dieser Atemzüge erfolgen unbemerkt. Die
Atmung ist ein Reflex des Körpers. Spannenderweise ist es die einzige reflexartige Körperaktivität, in
die wir bewusst eingreifen können. Wir können tiefer einatmen, den Atem anhalten und länger
ausatmen.

Vier Phasen des Atemens – Atmen als Powerfunktion

Unser Atem besteht aus vier Phasen:

  • Einatem als aktive Phase
  • Atempause in der Atemfülle – es entsteht mehr Energie im Körper
  • Ausatem als passive Phase
  • Atempause in der Atemleere – wir können loslassen und es entsteht mehr Ruhe im Körper

Mit dem Einatem kommt die Luft und damit die Energie in den Körper. Im Körper findet die
Zellatmung statt. Über das Blut gelangt der Sauerstoff in jede einzelne Körperzelle, die den Sauerstoff
aufnimmt. Mit dieser Oxidation entsteht Energie, die jede einzelne Zelle ernährt und belebt. Durch
den Ausatem werden Abfallstoffe aus den Zellen über das Blut nach außen abgegeben. Ungefähr 70%
aller Abfallstoffe des Körpers werden über die Atmung ausgeschieden – das ist mehr als über die
Haut (20%) und über die Verdauung (10%)! Damit ist der Atem eine echte Powerfunktion im Körper.

Die volle Yogatamung

Mit unterschiedlichen Atemtechniken können wir uns diese Powerfunktionen zunutze machen. Eine
umfassende Technik ist die Yoga-Vollatmung, um bewusst in eine vollständige Atmung zu kommen.
Lege dich auf den Rücken, lege die Hände auf den unteren Bauch und auf die Brust. Atme entspannt
aus – mit der Ausatmung sinkt der Bauch nach unten. Atme nun bewusst und tief ein – lass den Atem
als erstes in den Bauch fließen. Spür wie sich nach und nach dein ganzer Oberkörper ausdehnt: der
Bauch und die Brust erheben sich – selbst die Schlüsselbeine und Schultern heben sich und der Rücken
dehnt sich nach hinten aus. Lass anschließend die Luft aus deinem Körper herausfließen. Führe die
Atmung einige Minuten lang aus. Bleib abschließend noch einen Moment liegen und spüre nach.
Doch auch weitere Atemtechniken unterstützen dich. Wenn du mehr Energie benötigst, lege deinen
Fokus auf den Einatem. Benötigst du hingegen mehr Ruhe und Entspannung lege den Fokus auf den
Ausatem und verlängern diesen. Eine wunderbare Übung zum Detoxen und Reinigen ist Kapalabhati.
Lass dir diese Technik gerne von deinem Yogalehrer zeigen.

Wusstest du schon, dass

  • du mit einem langsamen tiefen Atemzug 6-10 Mal mehr Luft aufnimmst als mit einem normalen flachen?
  • unser Gehirn 80% des eingeatmeten Sauerstoffs verbraucht?
  • das Zwerchfell der größte Muskel im Körper ist?
  • du den Reinigungsprozess deines Lymphsystems durch bewusstes und richtiges Atmen um mehr als das Zehnfache beschleunigen kannst?

Atmung als Meditation

Neben diesen aktiven Atemtechniken kannst du den Atem auch dazu nutzen, in einen meditativen
Zustand zu kommen. In ein Leben im Jetzt. Dazu kannst du den Atem einfach beobachten.
Schließe deine Augen und beobachte deinen Atem. Spüre zum Einatem – der Einatem schenkt Energie.
Spüre den Luftstrom und damit die Energie an den Nasenlöchern, in der Kehle, im Brustbereich, im
Bauchraum – einfach nur spüren. Und mit dem Ausatem lässt du los. Mit dem Ausatem kannst du
alles Alte und Verbrauchte einfach an die Umgebung abgeben und loslassen. Lass den Ausatem bei
jedem Atemzug etwas länger und ruhiger werden. Nimm auch die kleinen Atempausen zwischen Einund Ausatem wahr. Beobachte anschließend den Neubeginn des Zyklus mit dem nächsten Einatem.
Führe diese einfache Übung jeden Tag ca. 7 Minuten durch und du wirst schon nach wenigen Tagen
spüren, dass du immer mehr in der Ruhe ankommst.
Das Schöne daran ist: Diese Übung kannst du wunderbar in den Alltag einbauen – 7 Minuten hast du
doch bestimmt für dich. Du kannst die Übung überall durchführen, wo du ein paar Minuten Ruhe
hast. Einfach entspannt hinsetzen, die Hände mit den Handflächen nach oben auf dem Schoß ablegen
und die Augen schließen.

Die Geschichte vom Holzfäller

Vielleicht kennst du die Geschichte vom Holzfäller, der jeden Tag versucht mehr Bäume als am
Vortag zu fällen. Es gelingt ihm aber nicht – ganz im Gegenteil: Er schafft jeden Tag weniger als am Vortag. Sind es am ersten Tag noch 18 Bäume, schafft er am 6. Tag lediglich zwei Bäume – obwohl er
geschuftet hat bis zum Umfallen. Er versteht die Welt nicht mehr, bis sein Vorarbeiter ihn fragt:
„Wann hast du denn deine Axt das letzte Mal geschärft?“ Die Antwort: „Die Axt schärfen? Dazu
hatte ich keine Zeit, ich war zu sehr damit beschäftigt, Bäume zu fällen.“ [nach Jorge Bucay]
Nimm dir jeden Tag Zeit: Schärf deinen Verstand, um erfrischt und entspannt deinen vielfältigen
Tätigkeiten nachzugehen. Mit regelmäßigen Meditationen erreichst du genau das.


Wenn du dich für schöne Meditationstexte – unter anderem Atembeobachtungen interessierst,
schau gerne auf meiner Seite vorbei. Dort gibt es das Buch „Schöne Worte im Yogaunterricht“.
https://w-in-flow.de/veroeffentlichungen/

Namaste.
Deine Kathrin

Quellenangabe:
„Atemtechniken“ von Markus Schirner
„Praxisbuch Pranayama“ von Jana A. Czipin

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Weiblich&Männlich – Beziehungsgedanken

  • John Eldredge: Der ungezähmte Mann, Brunnen-Verlag
  • Raphael M. Bonelli: Frauen brauchen Männer. Und umgekehrt, Kösel-Verlag
  • Björn Süfke: Männer, erfindet euch neu – was es heißt, ein Mann zu sein, Mosaik-Verlag
  • Andrea und Veith Lindau: Königin und Samurai. Wenn Frau und Mann erwachen, Kailash-Verlag

eine Betrachtung jenseits von schwarz und weiß

Ja, es gibt schwarz und weiß – ganz selten nur reines schwarz oder reines weiß – und es gibt ganz besonders viele Schattierungen dazwischen. Wenn wir hier über weiblich und männlich nachdenken, legen wir keinen Menschen fest, beschreiben aber Eigenschaften, die durch die Forschung mittlerweile durchaus als typisch benannt werden.

Selbstredend hat jeder Mensch beide Anteile in ganz einzigartigen Mischungsverhältnissen.

Als Mann und Frau schuf er ihn (den Menschen).

Genesis 1, Bibel

Vom Nutzen der Betrachtung

Mögen diese Betrachtungen zur gegenseitigen Wertschätzung der beiden Aspekte führen und den Umgang mit der Unterschiedlichkeit erleichtern.

Ich denke, dass die Frage nach Weiblichkeit und Männlichkeit für unsere eigene Entwicklung wichtig ist, für die Gestaltung der Beziehung zwischen Mann und Frau und für die Frage des Umgangs mit uns anvertrauten. Besonders meine ich hier unsere eigenen Kinder. Aber auch Kindergärten und Schulen sollten bewusst mit diesem Thema umgehen.

Forschung und Bücher

Die längste Zeit meines Lebens habe ich mich nicht in das Thema Männlichkeit und Weiblichkeit vertieft, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten irgendwie wahrgenommen und über die Beziehung dieser Möglichkeiten (in Begegnung mit anderen Menschen oder innerhalb der eigenen Person) wenig nachgedacht. Tatsächlich empfand ich da so einige Hindernisse, wie sie auch Björn Süfke im Bereich der psychologischen Forschung beschreibt: Man will ja nicht einseitig sein, Klischees bedienen, das Eine gegen das Andere ausspielen. So gibt es aber wunderbare Bücher zum Thema, die weder biologistisch in die Ecke drängen, noch Unterschiede verdrängen. Der Wiener Psychiater Raphael M. Bonelli beschreibt sehr schön, wie beide Seiten – sich ihrer Begabungen bewusst – sich in gelingenden Beziehungen ergänzen können. Gleichzeitig legt er auch ganz eindrücklich durch viele Fallberichte dar, wie nahe der Weg zum Pathologischen ist, wenn die eine oder andere Seite sich isoliert entwickelt. Für die gemeinsame Entfaltung von Männlichkeit und Weiblichkeit werben auch Andrea und Veith Lindau, die in ihrem Buch diesen gemeinsamen Akt die „Co-Creation“ nennen. „Am Du wird der Mensch zum Ich“ (Martin Buber) – Erst an der Begegnung mit der Frau entdeckt der Mann den umfassenden Sinn seines Talents zur Männlichkeit. Und für Frauen gilt das Gleiche umgekehrt. (Bonelli) Im Anerkennen und Vertrauen in die jeweils andere Begabung wird unserer Generation, besonders den „Millenials,“ eine große Unsicherheit und Widersprüchlichkeit attestiert.

Wenngleich sich kein Setting schaffen lässt, in dem die sozio-kulturellen Bedingungen gänzlich ausgeblendet werden können, benennt die psychologische Forschung mit großer Sicherheit typisches Geschlechterverhalten. Bonelli grenzt diese Ergebnisse streng von Vorurteilen ab und rehabilitiert den Begriff des Stereotyps – viele Stereotypen konnten empirisch nachgewiesen werden. Das Bild, das wir von uns mehr oder weniger bewusst von Männern und Frauen machen, ist also gar nicht so unscharf, wie wir es so oft befürchten.

Der Psychater beschreibt die menschliche Konstitution mit den griechischen Begriffen Soma (Leib), Thymos (Lebenskraft, Gemütslage) und Noos (geistiges Erfassen). – die ersten drei Koshas in der Yogaphilosophie benennen die selben Ebenen (Körper, Emotionen, Gedanken). Anhand dieser drei Begriffe entfaltet er die männlichen und weiblichen Begabungen, arbeitet aber auch deren Schattenseiten heraus:

Er stellt dar, dass sogar auch die medizinische Forschung mittlerweile männliche und weibliche Körper endlich einzeln untersucht (die Körperzellen und Organfunktionen unterscheiden sich sehr: Ein weiblicher Organismus reagiert auf Medikamente anders, als ein männlicher. Ein weiblicher Schlaganfall äußert sich anders, als der gut erforschte männliche.

Bonelli fasst auch Erkenntnisse der Psychologie zusammen und beschreibt, dass auch die Gehirne von Männern und Frauen anders funktionieren und das Gefühlsleben sich unterscheidet. Frauen bedienen eher die weiße Substanz, Männer eher die graue Substanz: Frauen nehmen assoziativ war und lösen so Probleme, Männer nehmen eher spezielle Details war und haben bei der Bearbeitung von Problemen eher den „Tunnelblick“. Beide Arten haben da Vorteile. So hat man mittlerweile auch bei der Entwicklung von IQ-Tests dazugelernt und eher „weibliche“ Aufgabentypen hinein genommen. Bislang kamen die Designs eher den männlichen Fähigkeiten entgegen.

ein energetischer Zugang mit ähnlichen Feststellungen

Energetisch betrachtet scheint mir das weibliche Prinzip von unten nach oben zu fließen (Muladhara aufwärts) mit den entsprechenden Qualitäten und das männliche von oben nach unten (Sahasrara abwärts):

  1. Mudladhara: Sicherheit, Närend, Akzenptanz (Erde)
  2. Svadhisthana: Kreativität, Beziehung, Genuss (Wasser)
  3. Manipura: Ich-Stärke, Selbstbewusstsein, Willens- und Durchsetzungskraft (Feuer)
  4. Anahata: Liebe, Mitgefühl, Hingabe (Wasser)
  5. Vishudda: Kommunikation, Wahrheit, Zuverlässigkeit (Luft)
  6. Ajna: Erkenntnis, Ratio, Konzentrationsfähigkeit (Raum)
  7. Sahasrara: Spiritualität, Öffnung für „höheres“

Wenn man diese Eigenschaften nun von unten nach oben (weiblich) und danach von oben nach unten liest (männlich), kommt man zu Schwerpunkten in der Beschreibung der Geschlechter, wie sie auch Bonelli referiert:

  • Das männliche Prinzip ist eher rational, denkt gerne in Systemen und folgt dem Prinzip „Stärke“.
  • Das weibliche Prinzip steht mehr mit dem konkreten Leben, wie es ist, in Kontakt, denkt gerne assoziativ und folgt dem Prinzip „Fürsorge“.

Erstaunlich, wie nah uns die aktuelle Forschung (Stand 2019) zu den Aussagen der alten Lehren (auch Yin/Yang) bringt. Nochmal: Niemand ist nur so oder nur so. Wir sehen aber, dass Männer und Frauen sich oft anders verhalten, anders wahrnehmen, interpretieren und sich mit verschiedenen Dingen gerne beschäftigen.

Begegnung von weiblich und männlich

Bonelli beschreibt sehr schön, wie beide Geschlechter sich bewusst begegnen und bereichern können, sich gegenseitig ergänzen. Energetisch gesehen ist der Treffpunkt der Geschlechter im Anahata-Chakra. Es liegt genau in der Mitte der Energieströme.

Im Yoga gibt es (im Individuum) das gleiche Ziel: Die Begegnung und Erkenntnis von Energie und Bewusstsein, von Brahman und Atman, von Kundalini und Shiva.