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… dem eigenen Bild entgegenwachsen

Gert Scobel nutzt die Herausforderung des Russland-Ukraine-Kriegs zur gesellschaftlichen Selbstreflexion. Eine interessante Analyse der Situation im März 2022. In Krisen greifen wir Menschen reflexartig auf alte Verhaltensweisen zurück…

Ein Satz aus Scobels Beitrag hat mich nicht losgelassen:

„Geist ist die Fähigkeit, einem Bild, das wir uns von uns und dem Leben selbst machen, zu folgen.“ (Markus Gabriel). Oder so: Wir Menschen erzählen uns Geschichten über uns selbst, denen wir folgen. Das ist für uns Yogis wirklich interessant!

DAS Ziel im Yoga – mit seinen körperlichen und mentalen Tools und Tipps – ist es, den „Geist zur Ruhe kommen zu lassen“ (Patanjali). Die „Fähigkeiten“, wie der Philosoph Markus Gabriel sie nennt, sollen im Yoga“ schlicht zur Ruhe kommen und schweigen: Keine Bilder…

Im yogischen Kontext sehen wir keine Identifikation mit dem, was unser „Geist“ uns vorspielt. „Moksha“ heißt „Befreiung“ von eben diesen eigenen Zuschreibungen, Befreiung von den Geschichten und Bildern, die eine Identität suggerieren. Wie frei wären wir, wenn wir unseren Bildern nicht mehr glauben und ihnen nicht mehr folgen würden? Wie frei wären wir, wenn wir unsere Identität auflösen und unseren Konditionen entwachsen würden? Geschlecht, Nationalität, Familie, Mensch oder Tier… das wäre irgendwie nicht mehr so bedeutsam. Herausfordernde Fragen in unseren Zeiten: Menschen suchen mehr denn je nach Identität. Wer hält es aus, keine definierte Identität zu haben und frei zu leben?

Und bis wir diese Freiheit von Identität erreicht haben arbeiten wir im Yoga mit vielen verbindenden Mantras und malen weite Bilder von uns selbst (da hat Markus Gabriel Recht – das ist eine Fähigkeit!). Wir übersteigen unsere „identitäre“ Enge, in dem wir bestimmte Worte singend oder rezitierend wiederholen: „Ich bin reines Bewusstsein, Liebe, Güte, OM, Shanti, Sat chit ananda, Soham, Sat nam, ich überschreite meine Grenzen und komme in die Verbindung (Yoga bedeutet Einheit)“.

Und wir rezitieren und singen so lange, bis wir das verstanden haben. Und danach singen wir, weil es einfach schön ist…

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… der kürzeste Yogawitz oder die Entscheidung, nicht gestresst zu sein

Wenn dies der kürzeste Musikerwitz ist: „Geht ein Blechbläser an der Kneipe vorbei“, nehmen wir dies mal kürzesten Yogawitz: „Kommt der Yogalehrer gestresst zum Unterricht“.

Die witzige Unterstellung ist, dass der Blechbläser eigentlich keine Wahl hat – Trompeter gehen immer in die Kneipe, er trifft diesmal aber eine andere Entscheidung. Beim Yogalehrer wird es etwas skuril: Er hat die Entscheidung getroffen, gestresst zu sein. Er erzählt doch immer, dass wir immer Optionen haben und seine Kunst besteht doch eben auch darin, entspannt zu sein. Nun ja, eine Entscheidung für „gestresst sein“ wird er wohl nicht getroffen haben – er hat vergessen, zu üben.

Sind Yogalehrer*innen eigentlich immer entspannt und geht das eigentlich?

Sich unter Anleitung bei schöner, ruhiger Musik auf der Yogamatte zu entspannen nach anstrengender Asanapraxis ist wohl nicht so schwer; da ist es gemütlich warm, der Raum ist etwas abgedunkelt, Räucherwerk verleiht der Luft einen ätherischen Duft und die Atemübungen wirken. Und wir könnten meinen, dass es diese Zutaten bräuchte, um entspannt sein zu können – und: Ändert sich das Umfeld, ändert sich unser Zustand. Stimmt das und muss das so sein?

Wenn unsere Yogapraxis in unseren Alltag hinein wirkt, werden wir bemerken, dass wir nicht mehr auf ein ruhiges Ambiente warten, damit wir uns entspannen. Gerade da, wo es laut ist und es stressig werden könnte, führen wir unseren Atem auf eine besondere Weise oder ziehen uns kurz in ein Mantra zurück und bleiben innerlich auf unserer Yogamatte. Diese Übungen sind unsichtbar – sichtbar ist nur das Ergebnis: Ein Mensch, der irgendwie immer entspannt ist. Und je mehr geübt wird, desto dauerhafter kann dieser Zustand aufrecht erhalten werden.

„Alle sind mal gestresst!“. „Ich will mich aber aufregen!“ – Man hat ja die Wahl, oder? Und Übung macht die Meisterin…

Viel Freude beim Üben!

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„Wie kann ich in dieser Welt glücklich sein?“

Ich bin sehr dankbar für diese Frage, die mich daran erinnert, dass ich sie selbst habe: Um mich herum: Krieg, Hungersnot, Gewalt vor und hinter der Haustür, Ausgrenzung, Umgang mit der Natur, Unvernunft, erlebte Traumata, Mitmenschen, die sich selbst schaden, Ideologien und Theorien, die jeder Vernunft widersprechen… Wenn wir genau hinschauen, könnten wir das Lied singen „Wie soll ein Mensch das ertragen“?

Das Leben um uns herum läuft nicht so, wie es laufen sollte und wie kann ich auf dieser Welt glücklich sein und: darf ich das überhaupt? Ist es überhaupt vertretbar, auf dieser Welt mit all ihren Problemen Glück zu erfahren? Und wieso grüble ich eigentlich so sehr darüber nach, obwohl ich weiß, dass ich keine Lösungen finden werde.

Ein paar Gedanken – hoffentlich inspirierende Gedanken – dazu.

Die erste wichtige Nachricht: Es ist gut, wenn du dir Gedanken machst – wir Menschen haben einen Verstand und es wäre Verschwendung, ihn nicht zu nutzen. Gedankenlosigkeit ist ja auch keine schöne oder würdige Option. Wenn aber Grübeln entsteht und daraus eigenes Unglück, ist es etwas viel… Es ist sehr bedeutsam, wenn du bemerkst, dass da etwas nicht positiv für dich läuft. Und letztlich geht es um die Frage, was kannst du in dir selbst verändern – wenn du schon die Welt um dich herum nicht erlösen kannst? Wie kommst du vom Mit-Leiden ins Mit-Gefühl?

Suchen wir nach Ansätzen in den Yamas und Niyamas – da Yoga des Nachdenkens ist Jana-Yoga. Danach schauen wir in die Yogapraxis – was kann ich üben? Ein wichtiges Thema, an dem wir die ganze Kunst des Yoga einmal anwenden können:

  • Ahimsa und Brahmacharya – Gewaltlosigkeit und Enthaltsamkeit: Wenn du zu viel Gewalt in Form von Nachrichtensendungen etc. konsumierst, wirst du erleben, dass das Spannungen in dir erzeugt. Ebenso geschieht das, wenn du selbst in deinem Geiste immer wieder in diese Themen gehst und diese Gewalt psychisch in dir aufbaust. Du erzeugst selbst ein Samskara (einen Eindruck) von Gewalt in dir, den du vielleicht nicht mehr gut „verdauen“ kannst. Gewaltlosigkeit auch für sich selbst ist ein wichtiger Tipp und Enthaltsamkeit auch. Niemand hat etwas davon, wenn du darunter leidest.
  • Satya und Swadhyaya – Wahrhaftigkeit und Studium alter Schriften (nicht Tick-Tock (:-): Wenn du genau hinsiehst, wirst du erkennen, dass die Welt auch ganz tolle Seiten hat und viele tolle Menschen um dich herum da sind. Irgendetwas sorgt dafür, dass du dich auf die Schattenseiten konzentrierst. Die alten Schriften sagen, dass deine Wahrnehmung der Welt ein direkter Blick in dein „Karma“ ist: Dein eigenes Gefühl von Gewalt, erlittener Gewalt, zieht dich in dieses Thema und weckt ein eigenes Leiden, das du in den vielen Inkarnationen vorher oder vor ein paar Jahren erlebt hast. Darin steckt deine Möglichkeit, dich davon zu befreien. Es geht dabei weniger um die Tatsachen da draußen oder um deine eigene Geschichte – es geht um das Gefühl, das wie ein Magnet wirkt. (Wir wissen, dass „Geschichten“ und Gefühle im Hirn an zwei verschiedenen Stellen gespeichert werden…) Und wenn andere Menschen in dieses Thema der Gewalt hineingehen, so ist es deren Karma, deren Magnet. Du kannst sie inspirieren und ein Beispiel sein – nur von wenigen Gurus wird berichtet, dass sie das Karma anderer Menschen „verbrennen“ können.
  • Ishwaraprandidhana – Gottvertrauen: Mit Gottvertrauen kannst du das Übel der Welt in Gottes oder in höhere Hände legen. Mit den alten Schriften kannst du davon ausgehen, dass der Kosmos und das Leben und die Menscheit in einem langen Prozess der Entwicklung sich befinden. Der geistige Zustand der Menschen wird sich weiterentwickeln in einem eigenen Tempo. Und irgendwann werden sie damit aufhören, Leid zu erzeugen für sich und für andere.
  • Santosha – Zufriedenheit: Wenn du dir immer wieder in Erinnerung rufst, wofür du dankbar sein kannst, wird sich ein Gefühl von Zufriedenheit entwickeln.
  • Tapas – Askese oder Bemühen, Feuer: Wenn du dich aus dem Zustand des Mitleidens befreien möchtest, braucht es etwas Bemühen und Üben. Dein Geist geht gerne in diese Themen hinein und mit etwas „Feuer“ kannst du neue Muster erzeugen. Dazu braucht es eine gesunde Portion „spirituellen Egoismus“, der dir die Erlaubnis gibt, unabhängig von äußeren Situationen und Meinungen zu üben.

Zur Frage „Wie kann ich in dieser Welt glücklich sein“ haben wir die ersten beiden Stufen des Yoga genommen: Yamas und Niyamas. Kommen wir zu den verbleibenden 6 Stufen – ganz kurz, weil du diese Praxis eigentlich schon kennst:

  • (3) Asanas – Körperübungen: Wir wissen genau, dass körperliche Übungen nicht nur fitter, beweglicher und physisch gesund machen können – wir wissen auch, dass Stress körperlich gespeichert wird und durch Übungen abgebaut werden können. Anfangs scheinen die Übungen eher (positiven) Stress zu erzeugen – das gibt sich…
  • (4) Pranayama – Energieübungen: Mit den Atemübungen führen wir neue Energie in Form von Sauerstoff in unser System, Verbrauchtes wird ausgeschieden. Anfangs kann die Atemarbeit eher mühsam erscheinen.
  • (5) Pratyahara – Rückzug der Sinne: Mit der Fähigkeit, die Außen- und die eigene Gedankenwelt einmal loszulassen, ermöglichen wir weitere Entwicklungen in uns. Anfangs begegnen wir erst einmal unserer inneren Gefühls- und Gedankenwelt und wir lernen, dorthin keine Aufmerksamkeit mehr zu schicken.
  • (6) Dharana – Konzentration: Mit der Fähigkeit, uns auf eine (!) gute Sache, auf ein Gedanken oder auf ein Mantra zu konzentrieren zähmen wir unseren Geist, der im Alltag oft mit uns spazieren geht („Affengeist“). Wir kennen den Zustand, in dem wir vollkommen absorbiert sind von unserer Beschäftigung – wir nennen das „flow“. Im Laufe der Zeit lernen wir, diesen Zustand immer wieder zu erreichen und ihn zu halten. Es gibt viele Mantras zu unserem Thema, vielleicht fällt dir auch ein eigenes ein?
  • (7) Dhyana – Zustand der Meditation: Halten wir die Konzentration, verschwindet unser „Ich“ und das Bewusstsein verbindet sich mit dem Inhalt der Konzentration. Dhyana können wir nicht üben oder erzwingen – wir können aber alles vorbereiten, damit Dhyana sich einstellen kann.
  • (8) Samadhi – Erkenntnis, Einheitserfahrung: Am Ende der Übungen können wir den Zustand von Samadhi erreichen: Wir sind mit allem verbunden. Auf verschiedenen Stufen reifen Erkenntnisse und Wahrheiten jenseits unseres Intellekts und jenseits unseres begrenzten Wissens.

„Wie kann ich in dieser Welt glücklich sein?“ Zu dieser Frage haben wir den 8-fachen Yogaweg befragt und zuletzt die Köper- und geistigen Übungen betrachtet. Mit der Beschäftigung mit den Yamas und Niyamas konnten wir vielleicht einige tiefe erlernte Überzeugungen korrigieren: Dein Streben nach Glück und Zufriedenheit ist ein wichtiger Beitrag in dieser – manchmal verrückt erscheinenden – Welt; in welcher Welt auch sonst. Es ist vollkommen okay, den Zustand der Welt und der Menschen für verrückt zu erklären und sich selbst hinaus zu ziehen. Du darfst deine innere Reise beginnen oder fortsetzen mit großem Vertrauen: „The way out is the way in.“

Vielleicht noch eine sprachliche Korrektur – ersetzen wir mal das „aber“ durch ein „und“:

  • Ich könnte glücklich sein, aber da ist so viel Leiden auf der Welt.
  • Ich kann glücklich sein und da ist so viel Leiden auf der Welt.

OmShanti

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Yoga und Mentaltechniken

Yoga ist sichtbare Körperarbeit: Atmen, Dehnen, Körperhaltungen (Asanas). Das ist Yoga im Außen und das ganze Konzept von Yoga geht davon aus, dass das einen erheblichen Einfluss auf unser körperliches, aber auch seelisches Empfinden hat.

Wenn wir kurz beim Thema Körper bleiben: In diesem Bereich wissen wir sehr viel – alle von uns wissen, wie man sich körperlich fit hält, wie man sich gut ernährt, was man tut, wenn der Körper Hilfe braucht und auch mal krank wird. Viele von uns sind bestens darüber informiert, wie unser Körper aufgebaut ist und funktioniert. Und kaum jemand hat ein Problem damit, eine Fachfrau aufzusuchen, wenn Probleme auftauchen. Wer Yoga betreibt weiß, wie man seinen Körper geschmeidig hält.

Wenn wir jetzt auf den Bereich Denken/Fühlen oder Geist oder Seele schauen, beobachten wir oft Anderes: Oft wird der „Geist“ verstanden als eine „black Box“ – da tummeln sich Gedanken und Gefühle mehr oder weniger unbeobachtet und meistens verdichten sie sich in Verhaltensweisen, die wir „Charakter“ nennen. Oder in ein Lebensgefühl. Und wenn es um die Fähigkeit geht, zur Ruhe zu kommen, sich fokussieren und konzentrieren zu können, nehmen wir das Maß unserer Möglichkeiten im Allgemeinen einfach mal hin. Erst in diesen Tagen verbreitet sich die Botschaft, dass die Fähigkeiten zur Ruhe, Konzentration, innere Ordnung, Bewusstsein über Gedanken und Gefühle trainierbare Fähigkeiten sind. Wie viele Menschen leiden unter Konzentrationsstörungen, Depressionen und Ängsten? Wie viele Kinder werden in unseren Tagen mit „AD(H)S“ diagnostiziert und medikamentös behandelt?

Die Stichworte „Achtsamkeit“, „mentale Übungen“ und auch „Psychotherapie“ weisen in eine wichtige Richtung: Wie unser Körper ist auch unser Geist trainierbar! Der Weg in die Ruhe, in die Konzentration, in einen Lebensoptimismus und in die Freude kann trainiert werden. Ja, und leider braucht es die selbe Zeit in diesen Zustand wie der Weg zur körperlichen Fitness. Kleine „Wunder“ sind eher selten: Üben, üben, üben…

Und nun eine Frage: Wer bin ich, wenn ich bewusst mit meinem Körper umgehe. Wer bin ich, wenn ich Bewusstsein in meinen Geist (Gedanken und Emotionen) bringen kann? Wenn ich nicht Körper und nicht Geist bin, sondern ein Bewusstsein dafür? Ich empfehle das Mantra Soham: Ich bin der bewusste Raum, in dem alles geschieht…

Soham – I am the earth under your feet…

Für mich ist es immer wieder schön, sich bei der Yogapraxis auch auf dieser Ebene zu bewegen. Jede Yogastunde ist voll von „mentalen Techniken“ – frag mal deine Yogalehrerin, deinen Yogalehrer oder beobachte. Und viele dieser Techniken dürfen in unseren Alltag hinein.

viel Freude beim Üben!

Lars

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Sadhguru: „3 Symptome eines kranken Geistes“ – Wege in einen ganzheitlichen Alltag

Sadhghuru: Three Symptoms of an ill mind

Wir Menschen haben ein wunderbares Werkzeug: Unseren Geist/Verstand. Unser Gehirn gehört zu den evolutionär neueren Gaben an die Menschheit. Doch, so sagt Sadhguru es an anderer Stelle, „haben die wenigstens von uns die Gebrauchsanleitung“ gelesen.

So kann unser Geist wunderbare Dinge für uns tun – aber auch das Gegenteil ist möglich: Viele Menschen „leben im Gefängnis ihres Geistes“, sind identifiziert mit ihren Gedanken, Schlussfolgerungen und ihrem analysierendem Intellekt. Die Türen zur Schönheit der Schöpfung sind verschlossen, wir sind gefangen in unserer inneren psychologischen Welt.

Ob wir diese Erknennis auf uns selbst oder auf unsere Gesellschaft anwenden: Es wird Zeit…


Table of Contents

    Drei Symptome eines kranken Geistes (Sadhguru)

    1. unablässiges Denken: Exzessiver Konsum bringt Lethargie hervor – das gilt für Ernährung und erschließt sich wohl jedem von uns sofort. Falsche Ernährung und zu viel davon macht uns körperlich und geistig träge. Gleiches gilt für unseren Geist: Falsches und zu viel davon lässt eine Lethargie in uns entstehen. Also: Was konsumiere ich eigentlich täglich an Gedanken und wie viel davon durch Lektüre und andere Medien? Etwas tiefergehend bemerken wir, dass sich unser Geist selbst ernähren kann: Wir produzieren unablässig und meistens unkontrolliert Gedanken, mit denen wir uns andereseits geistig selbst ernähren. Wo ist da die Stopp- oder Pausentaste? Wo ist das Bewusstsein dafür, dass wir gerade in unseren eigenen Gedanken baden?
    2. Überbetonung des Intellekts als eine Möglichkeit unseres Geistes: Besonders wir Europäer haben eine Kultur etabliert, in der das Intellektuelle großes Ansehen genießt. Der Intellekt unterscheidet, kritisiert und zerschneidet in Einzelteile: Viele von uns haben sich im Biologieunterricht auf diese Weise mit Lebewesen oder deren Organen beschäftigt: Fische oder Frösche wurden getötet, zerschnitten und analysiert. Als Schüler*innen haben wir bestimmt gespürt, dass wir gerade nicht Leben (Bio) untersuchen – manchen liefen die Tränen, anderen wurde schlecht oder einige haben sich aus diesen Aktionen ausgeklinkt. So glorreich einige Früchte unseres Intellekts auch sind – er ist kaum ein Weg, sich dem Leben zu öffnen.
    3. Schlussfolgerungen und Glaubensätze: Ein Ergebnis unseres Intellekts ist es, dass wir viele Themen und Eindrücke untersucht haben und so kommen wir zu Schlussfolgerungen und Glaubenssätzen. Vieles von dem, was wir erleben können wird in Schubladen sortiert und, so sagt es Sadhguru, „die Türen zum Leben schließen sich“. Wir haben z.B. die Mechanismen eines Sonneruntergangs untersucht, ihn oft genug erlebt und ihn damit aus unserer Wahrnehmung heraus und in eine Schublade hinein verbannt. Wenn wir so mit unserer Natur, Umwelt, Tieren, Pflanzen, Lebewesen und Mitmenschen umgehen, hat das Konsequenzen für unser eigenes Erleben unserer Lebenzeit aber auch gesellschaftlich-soziale und ökologisch-ökonomische Auswirkungen.

    psychologisch gesehen: zwanghaftes Denken und Rationalisieren

    Exzessives/zwanghaftes Denken (Grübeln) sowie Rationalisierungen sind in der Psychologie bekannte Mechanismen: Menschen ziehen sich in ihre Gedanken- und Gefühlswelten zurück und kreisen, zumeist sehr ich-haft, um sich selbst. Unser Verstand ist in der Lage, jede Situation und jedes Handeln zu rechtfertigen: Wir haben den Eindruck, dass doch vieles dagegen spricht, Glücklich zu sein. Wir sind überzeugt davon, dass Umweltschutz ein eher kompliziertes Thema ist, um das andere sich kümmern sich müssen – Klimawande? Da kann man nichts machen oder es gibt ihn nicht oder es ist eh zu spät…. Gerechte Verteilung von Nahrungsmitteln, Gütern, Wohlstand und Geld mag doch ein grundlegendes Problem sein, das kaum zeitnah zu lösen ist. Zu solchen Rationalisierungen ist unser Geist fähig und wir bemerken beim Lesen, dass sich da Widerstand in uns regt.

    Anregungen: Im Alltag die anderen Aspekte unserer Intelligenz pflegen

    Intellekt ist nur ein ein Aspekt unserer umfassederen Intelligenz: Intuition, soziale und emotionale Intelligenz, Empathie, Weisheit, Erfahrung, künstlerischer und körperlicher Ausdruck…

    Tja, und auch da sind wir oft intellektuell schnell dabei: Wir untersuchen Intuition, Soziales, Emotion, Empathie, Weisheit, Erfahrung und Kunst – und unser Intellekt ist zufrieden. Wir räumen unserem Erforschen der menschlichen Ganzheitlichkeit viel Zeit ein, aber wieviel Zeit nehmen wir uns, die anderen Aspekte wirklich zu leben und frei fließen zu lassen (und nicht zu erforschen)? Wir nähmen uns Zeit…

    • unserem Intellekt eine Pause zu gönnen.
    • mit unserer Intuition und Weisheit in Kontakt zu kommen und uns darüber auszutauschen.
    • in sozialem und emotionalem Kontakt zu sein.
    • mit der Natur in Kontakt zu sein.
    • uns körperlich und künstlerisch auszudrücken.

    Also los – viel Freude dabei!

    (Und wenn dein Intellekt dir sagt, dazu sei keine Zeit oder das würde nicht zu dir passen, glaube ihm mal 60 Minuten täglich nicht… (;-)

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    SoHam – unsere eigentliche „Blase“

    Yoga versteht sich selbst als Wissenschaft. Lange Zeit hat man Körper und Geist untersucht und Übungen gefunden, ganzheitlich Gutes zu tun. Das Mantra SoHam beschäftigt sich mit dem „inneren Raum“, der sich bewusst erfahren lässt.

    Derzeit wird viel gesprochen, von den Blasen oder Bubbles, in denen wir im virtuellen Raum der Internets, vor allem in den Social Media Bereichen befinden. Algorithmen speichern unser Verhalten vor dem Gerät und ziehen Rückschlüsse auf das, was uns interessieren könnte. Und allmählich beginnen unsere Apps und Browser, uns dazu passende Angebote zu machen. Unsere Wahrnehmung der unendlichen Themenfülle des www verengt sich auf unsere Bereiche: Wir befinden uns in einer „Blase“, in einem virtuellen, sehr begrenzten Raum, dessen Enge wir oft übersehen. Und so lesen wir doch gerne wieder mal eine Zeitung oder zappen im Fernsehprogramm umher – um auf Neues zu stoßen.

    Wir genau hinschauen, sind wir es selbst, die diese „Blase“ erzeugen – unser Internet spiegelt uns quasi uns selbst: Zeig mir dein Internet und ich weiß, wer du bist… Und genau genommen befinden wir Menschen uns immer, auch offline ohne ohne www in unsere Blase der Wahrnehmung, Deutung und Wertung. Und Bewusstsein bedeutet an dieser Stelle, dass wir das wissen: Unsere eigenen Erfahrungen, unser Wissen, unsere Moral, unsere Ethik, unsere körperlichen Wahrnehmungen gehören erst einmal nur zu uns selbst – oft genug gehen wir davon aus, dass unser Innenleben selbstverständlich ist und von allen anderen Menschen geteilt wird…

    Der Buddhismus nennt es „Anhaftung“, wenn wir uns selbst mit diesen Dingen identifizieren: Wir sind dann voller Wut, wir sind voller Überzeugung, wir sind voller Glück… Vor allem gibt es da keine Distanz zwischen Erfahrenem, Gefühlten oder Gedachten. Aber auch das sind nur (mächtige) Blasen.

    Im Yoga-Mantra „SoHam“ konzentrieren wir uns auf den Raum unseres Bewusstseins um diese Blasen herum. Je größer der Raum der nicht-wertenden Wahrnehmung, desto kleiner werden diese Blasen. SoHam – wir sind der Raum, in dem das alles Geschieht. SoHam – wir sind nicht das, was in uns geschieht. SoHam – ich bin dieses und SoHam – ich bin auch Jenes. Anders als in einer klassischen Psychotherapie (Yoga ist dafür kein Ersatz), richten wir unsere Aufmerksamkeit nicht auf diese Blasen, auf bestimmte Themen, sondern auf den Bewusstseinsraum drumherum. Dieser Raum ist die Quelle von Glück, Zufriedenheit, Gelassenheit…

    Auch in der Atemübung kann uns dieses Mantra helfen, diesen inneren Raum zu finden zu vergrößern. So – atme ein, Ham- atme aus. Das „m“ verklingt in der Stille und Ruhe. Wiederhole.

    Nehmen wir etwas davon in diese Yogastunde, in die Asanas und in die Konzentrationsübungen: Raum.

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    Wenn die Ruhe Un-Ruhe erzeugt…

    In der Corona-Zeit ist viel Ruhe entstanden – viele Möglichkeiten zur Gestaltung des Alltags sind begrenzt und nicht wenige Menschen erleben in dieser möglichen Ruhe eine große Unruhe, die sich auf viele Arten Ausdruck verschaffen kann.

    Und viele von uns erleben eine innere Unruhe, wenn es in den Yogastunden zu den Konzentrationsübungen kommt. Immer wieder, mehr oder weniger, praktizieren wir das das Zurückziehen der Sinne, die Konzentration, um in den Zustand der Meditation zu gelangen. Das ist Teil des 8fachen Pfades nach Patanjali.

    Wenn du ein Thema mit der (Un-)Ruhe hast, ist dieser Artikel vielleicht hilfreich für dich.


    Inhalt

      Etwas Theorie dazu

      Ruhe – RIP, Rest in peace?

      Wenn Patanjali festhält, dass es das Ziel des Yoga sei, „die Wellen im Geiste zur Ruhe kommen zu lassen“, ist das eine echte Ansage für uns Europäer, die mit dem „cogito, ergo sum“ aufgewachsen sind („Ich denke, also bin ich“). Das zur-Ruhe-Kommen unserer Gedanken wäre dann quasi ein existentieller Untergang, eine Art Selbstmord: RIP – rest in peace. Wir sind es doch gewohnt, Gedanken zu haben, die Dinge der Welt zu bewerten und Pläne zu schmieden – wer möchte darauf schon verzichten und wer sind wir, wenn wir nicht denken? Ruhe und Stille lassen sich so kaum aushalten und das eigentlich gewünschte „Abschalten“ ist kaum erreichbar – unsere „Wellen im Geiste“ haben irgendwie auch Vorrang, zumindest sagt uns unser Geist uns das oft.

      Nimm dir jetzt zwei Minuten Zeit, einfach zu sitzen. Ein paar ruhige Atemzüge…

      Die Spannung braucht die Entspannung

      Unser Nervensystem kennt mit dem Sympatikus und Parasympatikus zwei Funktionen: Die Anspannung und die Entspannung – Sonne und Mond („Ha und Tha“ im Hathayoga), vita aktiva und vita passiva (Hannah Arendt), Machen und Loslassen, Steuern und Geschehenlassen, Wachsein und Schlaf.

      Und intuitiv wissen wir, dass Entspannung, Passivität, Loslassen, Geschehenlassen und Schlafen eine eigene Kraft besitzen, auch wenn wir in diesen Zuständen nichts kontrollieren können. Und weil wir es gewohnt sind, zu kontrollieren, wehren wir uns innerlich – auch gegen unsere Vernunft – gegen diese Zustände.

      Nimm dir jetzt zwei Minuten Zeit, einfach zu sitzen. Ein paar ruhige Atemzüge…

      In der Ruhe liegt die Kraft – Vertrauen!

      Ich möchte Patanjali hier kommentieren: Ziel der Yogaübungen ist es, den Geist zur Ruhe zu bringen, DAMIT eine eine andere Kraft wirksam werden kann – Ruhe ist also nicht der Endpunkt, sondern der Beginn von etwas Anderem.

      „In der Ruhe liegt die Kraft“ – wir kennen das. Ein guter Schlaf, und der Schnupfen und der Stress ist weg. Eine gute Urlaubspause, und die Gedanken sind wieder klar und neue, frische Ideen kommen. Re-Creation. Auch nach einer gelungenen Yogastunde.

      Nimm dir jetzt zwei Minuten Zeit, einfach zu sitzen. Ein paar ruhige Atemzüge…

      Was kann ich tun, wenn die Übungen in Richtung Stille und Ruhe eine Unruhe erzeugen?

      Beschäftige dich intellektuell mit diesem Thema

      In den Yamas und Niyamas von Patanjali taucht der Rat auf, sich mit den alten oder guten Schriften zu beschäftigen: „Meditation für Dummies“, „Jetzt!“, „MBSR“ oder ältere Schriften können dich – wie dieser Artikel auch – auf eine andere Spur bringen.

      Übe den „ruhigen Beobachter“

      Wenn du Stille übst, Konzentration oder Meditation – kannst du die Unruhen mit einem ruhigen Geist beobachten. Du kannst dich von der Unruhe davontragen lassen, du kannst sie aber auch achtsam eine Zeit lang beobachten. Das macht einen großen Unterschied!

      Vielleicht leitet deine Yogalehrerin gerade eine andere Übung an und du kannst nicht folgen – ändere die Übung für dich um: Erkunde die Unruhe und erlaube ihr, da zu sein. Gib ihr einen großen Raum.

      Das ist eigentlich der Königsweg: Was da ist, darf da sein.

      Sprich darüber

      Das Gespräch hat eine eigene Kraft. Deine Yogalehrer*innen stehen dir jederzeit zur Verfügung.

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      Buchtipp: „Lieblosigkeit macht krank“ – Gerald Hüther

      Die erste, schon lange verfolgte Entdeckung des Buchautors und Neurologen Gerad Hüthers ist das unglaubliche Potential, mit dem Menschen auf die Welt kommen.

      Daneben stellt er auch fest, dass unsere Potentiale jederzeit entfaltet werden können, weil unser neuronales System grundsätzlich formbar ist (Neuroplasrizität).

      Zur Potentialentfaltung gehört die eigene Entscheidung zur Veränderung sowie ein förderliches, liebevolles Umfeld: Das Konzept der Potentialentfaltung findet Beachtung nicht nur in der individuellen Lebensführung, sondern auch in Schulen und Unternehmen.

      In diesem Buch „Lieblosigkeit macht krank“ blickt Hüther mit diesem Ansatz der Potentialentfaltung auf das Thema Gesundheit: Alle Organismen haben das angeborene Potential zur Gesundheit – allein der Mensch erschafft sich selbst ein Umfeld, das ihn selbst einengt und krank macht. Unsere Zivilisationskrankheiten sind nicht per Virus auf uns übertragen – die erschaffen wir selbst.

      Wenn unsere vielen Impulse, Emotionen und Bedürfnisse gehört und beachtet würden und ganz natürlich in unserem Leben vorkämen, wären wir körperlich und seelisch im Gleichgewicht: gesund. Das wäre ein liebevoller Umgang mit sich selbst, der sich sofort auswirken würde auf unseren Umgang mit anderen Lebewesen und der Natur. Und so entstünde eine menschliche Gemeinschaft, in der das alles selbstverständlich wäre. Wir können schon jetzt damit beginnen.

      Woher kommt die Lieblosigkeit, mit der viele Menschen sich um den Preis ihrer Gesundheit und Entfaltung von ihren lebendigen Impulsen abschneiden? Geschichte, Kultur, gesellschaftliche und ökonomische Vereinbarungen, die noch unbewusst in uns wirken. Ein spannendes Feld: Lieblosigkeit erzeugt Spannungen und Stress – die biologischen Mechanismen der Selbstregulation und Selbstheilung (Immunsystem) kommen aus den Takt.

      Der Schlüssel ist also die liebevolle Achtsamkeit, zu der Gerald Hüther in diesem Buch einlädt.

      Und unsere Einwände „dazu ist keine Zeit“, oder „das geht nicht“ könnten deutliche Zeichen der unbewussten Vereinbarungen sein, aus denen wir uns hinaus ent-wickeln (entwirren) könnten.

      Viel Freude mit dem Buch!